Leistungssteuerung von chirurgischen Instrumenten mit Hilfe funktioneller Daten des Neuromonitorings
Das grundsätzliche Verfahren wurde 2003 von den Gruppen Lenarz/Heermann und Lüth/Strauß vorgeschlagen. Im Rahmen dieses Projekts soll wissenschaftlich untersucht werden, ob eine Instrumentenleistungsregelung durch Neuromonitoringsignale möglich ist.
Nervschonende Eingriffe in der HNO-Chirurgie
In dem Projekt werden Eingriffe am Felsenbein in den Mittelpunkt gestellt. Dabei werden chronisch entzündete Knochenanteile entfernt (Mastoidektomie).
Bisherige Operationsmethode
Bei der Mastoidektomie werden die Knochenanteile unter mikroskopischer Sicht zunächst mit einem Rosen-Bohrer und in Nervnähe mit einer Diamantfräse abgetragen. Wesentliche Anteile des Zeitbedarfs und der kognitiven Leistung während der Präparation dienen dem Aufsuchen der schützenswerten Strukturen (z.B. der Gesichtsnerv Fazialis). Da es wenige anatomische Orientierungspunkte im Operationsgebiet gibt, werden Navigationssysteme und Nervmonitoringsysteme zur Orientierungsunterstützung eingesetzt werden. Navigationssysteme liefern dem Chirurg anatomische Informationen aus den präoperativen Bilddaten. Nervmonitoringsysteme helfen das Aufsuchen und die Identifikation des Gesichtsnervs durch elektrische Stimulationen im Operationsgebiet mit Sonden.
Der Wunsch nach einer frühzeitigen Warnung bzw. Abschaltung eines gewebeabtragenden Instruments in der Nähe von Nerven
Aufgrund der kleinen Strukturen mit komplexer Anatomie können Risiken und Komplikationen (z.B. Gesichtslähmung) entstehen. Die Verletzungsgefahr des Fazialisnervs können zusätzlich durch eine abnormale Anatomie oder eine vorherige OP deutlich erhöht werden. Es besteht einen Wunsch nach einem chirurgischen Assistenzsystem, das den Chirurg bei der Annäherung der Fräse frühzeitig warnt bzw. die Leistung der Fräse automatisch herunterregelt.
Aufgabenstellung
Ziel des Projektes ist eine Leistungsregelung einer chirurgischen Fräse basierend auf den intraoperativen Nervmonitorsignale.
Ein navigierte Stimulationssonde und eine mit einer Stimulationssonde gekoppelte navigierten Fräse
Das im Rahmen des Projektes verfolgte Konzept basiert darauf, die mit einem Nervmonitoringsystem gemessenen Daten zur Steuerung einer chirurgischen Fräse zu nutzen. Zur Nervenstimulation wird eine Stimulationssonde, die mit Navigationssystem geortet wird, eingesetzt. Gleichzeitig wird eine chirurgische Fräse geortet, die mit einer weiteren Stimulationssonde gekoppelt ist.
Automatische Erkennung und Leistungssteuerung eines Instruments basierend auf Nervmonitordaten
Im Betrieb ermittelt das System die Lage des Nervs durch Auswertung der Nervmonitorsignale bzw. der Navigationsdaten. Die Informationen aus den Nervmonitorsignalen werden in den Bilddaten aus der präoperativen Planung dargestellt. Wird der Abstand zum Nerv als kritisch eingestuft, gibt das System akustische und visuelle Warnungen von sich und regelt die Instrumentenleistung herunter. Das System funktioniert auch ohne Navigationssystem.
Alleinstellung
Ein derartiges System ist bisher weder technisch noch klinisch publiziert worden.
Hypothese
Im Rahmen des Projekts soll geklärt werden, ob dieser neuartige Ansatz bei Eingriffe am Felsenbein vorteilhaft für Patient oder Chirurg eingesetzt werden kann. Hat das System eine OP-Entscheidung verändert? Hat das System die Sicherheit der Patienten erhöht? Konnte die OP bei gleicher Qualität schneller durchgeführt werden?
Experiment und Messung
In ersten Experimenten wurde die Machbarkeit des Konzepts im Labor untersucht.
Ergebnis
Die ersten Laborversuche zeigen, dass eine derartige Leistungsregelung prinzipiell möglich ist.
Publications:
Shi, Jiaxi; Stenzel, Roland; Wenger, Thomas; Lueth, Tim C.; , "Accuracy study of a new assistance system under the application of Navigated Control® for manual milling on a head phantom," Engineering in Medicine and Biology Society (EMBC), 2010 Annual International Conference of the IEEE , vol., no., pp.2296-2299, Aug. 31 2010-Sept. 4 2010
Strauss, M.; Strauss, G.; Trantakis, C.; Koulechov, K.; Hofer, M.; Dietz, A.; Meixensberger, J.; Lueth, T. (2007) „NCF- Concept of an EMG based power control of active instruments for applications in ENT and neurosurgery“, In Lemke, H.U.; Inamura, K.; Doi, K.D.; Vannier, M.W.; Farmann, A.G. (Eds.): Proceedings of CARS 2007, 27.06.2007 - 30.06.2007, Berlin, Deutschland, Springer, pp. 485.
Strauss, M.; Lueders, C.; Strauss, G.; Stopp, S.; Shi, J.; Lueth, T. (2008) „Model for nerve visualization in preoperative image data based on intraoperatively gained EMG signals“, In Westwood, James D.; Haluck, Randy S.; Hoffman, Helene M.; Mogel, Greg T.; Phillips, Roger; Robb, Richard A.; Vosburgh, Kirby G. (Eds.): Medicine Meets Virtual Reality 16 - parallel, combinatorial, convergent: NextMed by Design, 30.01.2008-01.02.2008, California, United States, Studies in Health Technology and Informatics, Vol. 132, pp. 493-495.
Strauss, G.; Strauss, M.; Luders, C.; Stopp, S.; Shi, J.; Dietz, A.; Luth, T.; „Integration of the Functional Signal of Intraoperative EMG of the Facial Nerve in to Navigation Model for Surgery of the Petrous Bone“, Laryngorhinootologie, vol. 87, no. 10, pp. 711-718, Oct. 2008.